Eintrag von Rüdiger (vom 17.4.2007) (weitere Einträge von Rüdiger)
„Der Gitano“ ist eine frühe, in Spanien spielende Erzählung von 1875. Sie beginnt (im Original) mit dem Satz:
„Es war am 29. Juli 1875“.
Also, wenn ich das mit der zeitlichen Zuordnung von Winnetou I richtig in Erinnerung habe, 15 Jahre nach dem Kennenlernen von Winnetou (wobei ich mir auch weiterhin beim Lesen von Winnetou I Old Shatterhand nicht als 18jährigen vorstelle, Karl May wird es auch nicht unbedingt getan haben).
Nun ist aber der Ich-Erzähler im „Gitano“ plötzlich, 15 Jahre später, keinesfalls der große Zampano, wie er sich sonst darstellt:
„Leider kehrte ich unverrichteter Sache zurück und mußte dabei noch Gott danken, mit heiler Haut davongekommen zu sein …“
„Der Mulero wurde unter den gräßlichsten Mißhandlungen gebunden, und auch uns hätte ein ähnliches Schicksal getroffen, wenn die Leute nicht für ihren Colonel zu sorgen gehabt hätten.“
„So wenig ich sonst kriegerische Geschicklichkeit besitze, das Beispiel des Gitano electrisirte mich und riß mich aus dem Gleichmuthe, welchen ich bisher bewahrt hatte.“
Wie das ? Der große Old Shatterhand so wenig erfolgreich, passiv, ungeschickt ?
Natürlich war das Erzähler-Ich 1875 noch ein anderes als später.
Trotzdem ist diese Geschichte für mich – im Kontext mit späteren - auch ein Beleg dafür, dass Karl May es mit den exakten Zuordnungen von Raum, Zeit u.v.a. nie so genau hatte, dass nachträgliche Versuche anderer, Chronologien zu basteln, einfach Unfug sind, und dass das „Ich“ mal dieser, mal jener ist. Das ist ja auch, sozusagen, der Realität durchaus angemessen, wir haben ja so viele in uns …
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In Band 48 "Das Zauberwasser" hat man der Geschichte ein paar Zeilen vorangestellt, die einen unbekannten "Superkargo" als Ich-Erzähler nennen, offenbar damit der Leser gleich weiß, aha, das ist nicht der, der sonst immer in Ich-Form erzählt ...
Eintrag von Helmut (vom 24.2.2008) (weitere Einträge von Helmut)
Das ist eine der ersten Erzählungen Mays, die in einer "exotischen" Gegend spielt.
Herausgesucht hat er sich Spanien, das Land aus dem er in seiner Kindheit Hilfe holen wollte.
Es fehlt natürlich noch (sehr) viel zu seinen Meistererzählungen, aber Ansätze dazu sind sehr wohl schon zu erkennen.
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