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Text-Rezensionen

zum Text: Reise-Abenteuer in Kurdistan

Lesevergnügen 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt kein Punkt
Information über Land und Leute 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt kein Punkt
Biografische Bedeutung 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt kein Punkt


Eintrag von Rüdiger (vom 18.5.2008) (weitere Einträge von Rüdiger)

Unter diesem Titel erschien knapp die zweite Hälfte des Kurdistan-Bandes, die Kapitel 5-7, „Unter Bluträchern“, „Bären- und Menschenjagd“ und „Der Geist der Höhle“, im „Deutschen Hausschatz“.

Ich habe diesen Teil des Buches nie als sonderlich reizvoll empfunden, über weite Strecken (die ersten beiden der drei genannten Kapitel) ist es zunächst ein eher belangloses Action-Geplänkel mit wiederkehrenden Motiven.

Dafür wird es gegen Ende umso reizvoller und interessanter, ab der Szene bei Madana, wo so köstliche Formulierungen wie „Er deutete auf den wackern Scherben, dessen Inhalt mir so verführerisch entgegenlachte“ oder „O Petersilie, Du Würze des Lebens, warum duftest Du nicht draußen im Freien!“ auftauchen, über die ich mich schon vor gut vierzig Jahren gefreut habe.

Was ist es, was einem so gefallen kann bei diesem Autor, und in scheinbar so seichten Szenen ? Der feine Humor, der Charme, die Menschlichkeit, und daß er eben kein Schwarzweißmaler ist: einerseits wird unübersehbar deutlich, daß sich der Erzähler vor der „Petersilie“ regelrecht ekelt, andererseits kommt wirkliche Sympathie herüber, Mitmenschlichkeit, Anteilnahme, da „geht etwas ab“ zwischen den Personen, und diese Art zu schreiben hat er selber einmal sehr schön beschrieben in „Old Surehand“: „Soll ein Buch seinen Zweck erreichen, so muß es eine Seele haben, nämlich die Seele des Verfassers. Ist es bei zugeknöpftern Rock geschrieben, so mag ich es nicht lesen.“ (Dort steht übrigens einige Zeilen vorher das zu dieser Madana-Szene auch hübsch passende „Ich bin ein stets gern seelenvergnügter, heiterer Gesell“).

Anschließend erleben wir eine regelrechte Romanze mit der, wie mir bei erneutem Lesen auffiel, stattlichen Ingdscha („hoch gebaut und von so kräftigen Körperformen, daß sie ohne Bedenken die Frau eines Flügelmannes aus der alten, preußischen Riesengarde hätte werden können“). Das ist eines dieser „An eine, die vorüberging“ – Erlebnisse, wie sie dann und wann sehr zurückhaltend geschildert im Werk auftauchen.

Die Sache mit dem geschnitzten, simplen Holzlöffel, „schöner, als wenn er von Altyn und Gümisch gemacht worden wäre; denn du hast ihn gefertigt“ oder kurze Zeit später das bewusst lakonische „wir waren ins Elegische geraten“, es ist wirklich immer wieder schön, von diesem Autor zu lesen. Fehsenfeld bemerkte einmal ganz richtig wer so schreibe könne kein „schlechter Mensch“ sein.

Äüßerlich geschieht so gut wie nichts zwischen den beiden, lediglich davon, daß sie im Wald „eng neben einander gehen mußten, um uns nicht zu verlieren“, ist die Rede, und beim Abschied heißt es „Sie hatte meine Hand ergriffen und einen kaum fühlbaren Kuß darauf gehaucht; dann eilte sie wie ein verscheuchtes Reh in das Dunkel der Nacht hinein. Ich stand eine volle Minute lang bewegungslos, dann schlug ich den Weg nach Lizan ein“. Weniger ist mehr, wusste auch Karl May. In einer Verfilmung würden an dieser Stelle vielleicht Dutzende Geigen klingen, Tränen fließen und heftige Umarmungen stattfinden, damit auch der letzte Depp merkt, was da im Innern abgeht. Braucht es alles nicht.

Die Sache mit dem „Geist der Höhle“ kennt der Mayleser schon aus „Der Herrgottsengel“ (einer Dorfgeschichte) von 1878, es ist bei Karl May im Orient wie im Westen des öfteren so, daß es sich um transponierte Dorfgeschichten handelt.

Wie es dann erneut hinaufgeht zum Geist der Höhle, diesmal mit „alle Mann“, das ist schon beeindruckend, Karl May verstand es, großartige Bilder vorm Auge des Betrachters entstehen zu lassen, und war sich dessen auch bewusst („Es war ein überaus phantastischer Ritt“ …“Das flackernde Licht der beiden Flammen wanderte von Ast zu Ast“ …“Es lag etwas Heiliges, Unberührbares in dieser tiefen Waldesnacht“ …)

Später fallen oben bei Marah Durimeh, dieser erstaunlichen und interessanten Ersatz-Großmutter („Sie nahm mich bei der Hand, wie es eine Mutter mit ihrem Kinde thut“) Sätze wie »Wer in der Wüste schmachtet, der lernt den Wert des Tropfens erkennen, der dem Dürstenden das Leben rettet. Und auf wem das Gewicht des Leides und der Sorge lastete, ohne daß eine Hand sich helfend ihm entgegenstreckte, der weiß, wie köstlich die Liebe ist, nach der er sich vergebens sehnte.« Auf die Nähe dieser Szene zu Stellen wie „Ich stand innerlich allein, allein, allein, wie stets und allezeit“ („Mein Leben und Streben“) und „so sind in hunderten und aberhunderten von kalten, liebeleeren, qualvollen Nächten alle die Bücher entstanden, in denen ich von nichts als nur von Liebe rede“ (Schriftsatz an das Königliche Landgericht in Berlin) hat schon Claus Roxin hingewiesen.

Am Ende überreicht die alte Frau ein Amulett, daß den Erzähler in der Not schützen soll. Daß es Geld enthält, wird sich erst in Band 3 herausstellen, und ist entweder eine Geschmacklosigkeit, oder enthält tieferen Sinn („willst du unter den Menschen leben, so lerne verehren zuvörderst den Schatten, sodann das Geld“, Adelbert von Chamisso am Ende von „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“, bevor er „Willst du nur dir und deinem besseren Selbst leben, oh, so brauchst du keinen Rat“ folgen lässt).



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Giölgeda padishanün - Reise-Abenteuer in Kurdistan (1-einzige))