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Band-Rezensionen

Band: Freunde am Marterpfahl

Verlag: ProVerbis

Eintrag von Rüdiger (vom 23.1.2013) (weitere Einträge von Rüdiger)

Diese Rezension erfolgte zugegebenermaßen ohne Lesen des Buches, spätestens die Lektüre der Florstedtschen Besprechung führte dazu, daß der Gast sich mit Grausen wandte, was indes nicht an Frau Florstedt, sondern an Herrn Gressl lag. Das Wort "grässlich" schreibt sich übrigens bekanntlich mit ä und ist sozusagen wider Erwarten nicht von dessen Namen abgeleitet. (Wenn das Wiki diese Anmerkung schon nicht annimmt im unangemeldeten Modus, sei sie wenigstens hier abgelegt …)

Wenn einer offenbar sozusagen langweilige Kinder hat, ist das kein Grund, einen Text zu versaubeuteln …

Diese Wischiwaschipädagogik in Sachen es stirbt keiner, der Verwundete wird verarztet, 'politische Korrektheit' usw. löst ggf. sozusagen Brechreiz aus …

Und diese vermutlich ahnungslose Vermantschung mit Bearbeitungen und Filmgedöns, verbunden mit rein umsatzsteigernden Empfehlungen … Schreiber dieses empfindet insgesamt nahezu körperliches Unwohlsein und Gefühl des Abschüttelns.


Eintrag von JennyFlorstedt (vom 30.5.2009) (weitere Einträge von JennyFlorstedt)

Shatterhändchen für die Kinderchen

Karl Mays „Winnetou I“ neu erzählt


„Freunde am Marterpfahl“ ist laut Klappentext (zitiert wird Michael Petzel) eine „kongeniale Neufassung des Karl-May-Romans“. Da fragt man sich: Warum braucht man eine Neufassung und greift nicht gleich zum Original?
Mit seiner Bearbeitung von „Winnetou I“ möchte Autor Engelbert Gressl Kindern die Karl-May-Abenteuer wieder schmackhaft machen.
Eigene schlechte Erfahrungen bei der versuchten Weitergabe seiner May-Begeisterung (mit Hilfe des Originaltexts) bei den eigenen Kindern zeigten Gressl, dass nicht einmal mehr der Klassiker „Winnetou I“ ein „Selbstläufer“ ist. (Diese leidvolle Erfahrung hat auch der Karl-May-Verlag gemacht, der deswegen bereits seit einigen Jahren unter dem Obertitel „Abenteuer Winnetou“ gekürzte Jugendfassungen anbietet.)

Dieser Band enthält jedoch keine grundlegend gekürzte Fassung von Mays „Winnetou I“. Anders als die Kinder-Hörbuchfassung mit Leseheft vor wenigen Jahren (siehe die Rezension in KARL MAY & Co. Nr. 106) endet diese Erzählung nicht unmittelbar nach der Blutsbrüderschaft, sondern bringt auch Santers Auftritt, den Tod des Häuptlings und seiner Tochter und das Hin und Her mit den Kiowas samt der Gefangenschaft Sam Hawkens. Dafür sind aber die dramaturgischen Eingriffe seitens des Bearbeiters deutlich größer. Er behält zwar die Ich-Form der Erzählung bei, stellt aber die Handlung kurzerhand um. So beginnt das Buch etwa mit einer Szene, in der sich Old Shatterhand in einer scheinbar aussichtlosen Lage am Marterpfahl befindet – dem Cliffhanger schlechthin also... Der ganze Teil bis zum Marterpfahl wird als Rückblende erzählt. Ein sehr guter Trick, denn während das Original doch äußerst betulich startet, wissen hier die Kinder, dass irgendwann der Teil mit dem Marterpfahl kommt, und sind hoffentlich bereit, dem gemütlichen Teil eine Chance zu geben.
Doch so gemütlich ist er gar nicht: Eng am Original (d.h. ohne nennenswerte Auslassungen in der Handlung, wenn auch gestrafft) wird Charley von Mr. Henry zum Surveyor gemacht und reist in den Wilden Westen. Er schießt seinen Büffel, er fängt Sams Maultier, und er tötet auch den Bären. Die Änderungen, die bis hierhin vorgenommen wurden, sind allesamt nachvollziehbar, wenn man die Absichten eines Lehrers (Engelbert Gressl ist Pädagoge) als Autor berücksichtigt. (Beispielsweise stirbt niemand bei dem Bärenüberfall – der Mann wird schwerverletzt vom Baum geholt und verarztet).
Bis zu Klekih-petras Auftritt bot sich keine Überraschung, auch wenn sein „Vernünftige Leute lachen niemals über Menschen mit einer Behinderung“ politisch korrekt, aber nicht halb so eloquent wie Mays „Ich bin es gewohnt, von Bengels verlacht zu werden, denn vernünftige Leute tun das nicht“ klingt. Klekih-petras Biografie wurde dann aber leider eingedampft auf „Ich war früher einmal ein böser, habgieriger Mensch“, und so wurde aus einer Persönlichkeit eine Märchenfigur.
Aber dann: Winnetou. Dass ihm sein Schopf geraubt wurde, geschenkt. Aber dass über mehrere Zeilen die hellblau-weißen, dreieckigen Stickereien seines Gewandes beschrieben werden, wo doch in Mays Text nur ein paar rote Nähte genannt werden, mutet seltsam an. Und von da an stieß ich unentwegt auf Hinweise auf den Film „Winnetou 1. Teil“ von 1963. Sicherlich ist so ein Brückenschlag für medienverwöhnte Kinder ein Entgegenkommen. Aber die Unterschiede zwischen Buch und Film sind doch schon dramaturgisch so groß, dass eine Gleichsetzung nicht funktionieren kann, und diese kleinen „Hinweise“ (blaues Hemd und braune Cordjacke bei Charley, Winnetous Filmkostüm usw.) sind einfach überflüssig wie ein Kropf.
Dann lieber ein mutiger Eingriff in die Handlung wie die Sache mit der Dose: Es ist heute vermutlich schwer vermittelbar, warum Old Shatterhand sich lieber an den Marterpfahl binden lässt als das Sardinendöschen zu zücken, in dem er den Beweis für seine Unschuld und seine Freundschaft, die berühmte Haarlocke, aufbewahrt. Im Film geht die Dose samt Locke verloren, und Shatterhand kann seine Unschuld nicht beweisen. Diesen Trick übernahm der Autor auch für seine Bearbeitung. Und wie im Film macht sich Nscho-tschi auf, diesen Beweis zu suchen. Aber die gut gemeinte Bearbeitung krankt daran, dass die Häuptlingstochter rechtzeitig mit Dose zurück ist und der Ich-Erzähler sich nun doch schlicht weigert, einen Beweis anzutreten. Der gesamte Kunstgriff, um dieses (auch schon damals seltsame) Ehrgefühl zu umgehen, wurde dadurch hinfällig.
Selbstverständlich bekommt Old Shatterhand auch in dieser Bearbeitung Hatatitla geschenkt; eine Szene, die bei May nicht vorkommt. Dafür wurde die Episode um Sams Medizinmannparodie ersatzlos gestrichen – was nachvollziehbar ist.
Dass der Band weiterführende Informationen enthält, ist ein Pluspunkt. Das Glossar informiert kindgerecht und ausführlich über indianische Begriffe oder im Buch benutzte Fachausdrücke („Geodät“). Interessant ist das Nachwort. Es bietet keine nennenswerten Informationen über Karl May, dafür einige Details über die Intentionen des Bearbeiters Engelbert Gressl und einen deutlich informativeren Abschnitt über die „berühmtesten Gewehre des Wilden Westens“, der lustigerweise mit einem Hinweis auf die verschiedenen Film-Silberbüchsen beginnt. Konsequenter kann man fast nicht zum Ausdruck bringen, dass man hier die Filmfans zum Lesen bringen will.
Die Absicht, die sich hinter den abschließenden vier „Lesetipps“ verbirgt, erscheint mir dagegen unklar. Der letzte der vier Bände ist ein Indianersachbuch von 1994, das aktuell nicht einmal lieferbar ist. Und die anderen drei empfohlenen Bände sind „Karl-May-Welten III“ (das bis heute nicht erschienen ist; als Herausgeber ist Michael Petzel vorgesehen), das „Karl-May-Filmbuch“ und „Der Weg zum Silbersee“, beide von Michael Petzel. Der Autor macht kein Geheimnis daraus, dass er Michael Petzel bei der Entstehung seiner Bearbeitung viel Rat und Tat verdankt, aber meines Erachtens sind diese Lesetipps für Neueinsteiger in Sachen May (abgesehen vielleicht vom Filmbuch) komplett verfehlt. Und dass der Autor bzw. Herausgeber der drei empfohlenen Bände die Worte über die „kongeniale Neufassung“ für die Werbung beisteuerte, hinterlässt einen unangenehmen Nachgeschmack.
Der Gesamteindruck ist trotzdem ein positiver. Die Sprache wurde modernisiert, aber keineswegs vergewaltigt. Das altertümliche „Ihr“ wurde als Anrede in den meisten Fällen durch ein „Du“ ersetzt, was mir durchaus angemessen erscheint. Nur bei dem wiederholten „Shatterhändchen“ hätte ich mir eine glücklichere Hand des Bearbeiters gewünscht. Der Diminutiv bei einem Kriegsnamen wirkt einfach lächerlich.
Schade ist, dass wieder die Chance vertan wurde, ein Karl-May-Buch neu zu illustrieren – allerdings hätte das den ohnehin für ein Jugendbuch schon stolzen Preis von 24,80 € noch deutlich erhöht.
Da weitere Bände aus der Reihe angekündigt sind (Band 2 soll noch in diesem Jahr unter dem Titel „Mörderjagd in der Prärie“ folgen), lässt es ja hoffen, dass die kleinen Kinderkrankheiten noch verschwinden.



aus "Karl May & Co.", Nr. 116 [Mai 2009]


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Auflage: 1