Titelbild

Band-Rezensionen

Band: Der Traum eines Gefangenen

Verlag: Hansa Verlag Husum

Eintrag von Rüdiger (vom 1.2.2008)

Der sehr empfehlenswerte Band enthält fünfzehn Textauszüge aus Karl Mays Gesamtwerk, das in seiner ganzen Bandbreite vertreten ist, von den Erzgebirgischen Dorfgeschichten und Kolportageromanen über die Jugenderzählungen bis hin zu frühen wie späten Reiseerzählungen. Ein Streifzug durch das Lebenswerk.

Was das Buch wirklich interessant macht, auch wenn man die Texte längst kennt, ist die Zusammenstellung, sind die teilweise wirklich vorzüglichen Erläuterungen und Kommentare.

„Sind nur die Bewohner der Strafanstalten detiniert? Ist nicht eigentlich jeder Mensch ein Gefangener? Stecken nicht Millionen von Menschen hinter Mauern, die man zwar nicht mit den Augen sieht, die aber doch nur allzu fühlbar vorhanden sind?“ (May) Zu dem Gefühl von Gefangen-, Eingekerkertsein, aus dem sich Karl May lebenslänglich gleichsam freischrieb, bedarf es gar nicht einer realen Gefängnis- oder Zuchthausstrafe.

„Man muß die Literatur als Lichtstrahl in Mays dunkler Zelle interpretieren, sie als Rettung aus der Delinquenz betrachten“, heißt es in der Einleitung. Und: Er begann, „sich alle seine Obsessionen, Verletzungen und Kompensationen von der Seele zu schreiben“, wird Gert Ueding zitiert.

Unter „Justizgeschichten“ sind, in weitem Sinne, neben den in allen Schattierungen immer wieder auftauchenden Gerichtsverhandlungen auch Dinge wie Amtsanmaßung, gefälschte Identität, Inhaftierungen, Entziehung durch Flucht, Befreiungen aller Art u. a. zu verstehen.

Sehr schön das längere Zitat von Heinz Stolte auf Seite 130. Karl May war immer auch ein Ulenspiegel, der auch sich selbst zwischenzeitlich immer wieder nicht so recht ernst nahm, gleichsam mit den Dingen spielte, wie ein Kind.


 
Auflage: 1