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Band-Rezensionen

Band: IN DEN KORDILLEREN

Verlag: Karl-May-Verlag Bamberg · Radebeul
Reihe: KARL MAY's GESAMMELTE WERKE

Eintrag von Rüdiger (vom 6.2.2007) (weitere Einträge von Rüdiger)

Dieser Band, zweiter Teil des früheren Romans "El sendador", enthält in der Ausgabe der "Gesammelten Werke" an einer Stelle einen kleinen Einschub, den ich als Beispiel für eine sinnvolle Bearbeitung für interessant und erwähnenswert halte.

Im Original IN DEN CORDILLEREN taucht im ersten Kapitel urplötzlich und bezugslos ein gewisser Pena auf, den der Ich-Erzähler offenbar bestens kennt und den er gleich auf vergangene gemeinsame Erlebnisse anspricht:

»Ihre Stimme kommt mir freilich bekannt vor.«
»Nicht wahr? Ja, ja! Wollte soeben heim, weil ich dachte, daß Sie kommen würden, und nun treffe ich Sie da mitten im Chaco!«
»Heim - weil Sie dachten - - daß ich kommen würde? Ah, jetzt geht mir das Licht auf! Sie sind Sennor Pena?«
»Endlich, endlich kommt er auf meinen Namen!« rief der Mann jetzt. »Willkommen, Sennor, willkommen!«
Er gab mir die Hand, welche ich ihm kräftig schüttelte, und drückte mir die meine, daß ich hätte schreien mögen. Dabei rief er lachend:
»Also Sie haben mich wirklich nicht erkannt? Sie wollen zu mir und kennen mich nicht? Das ist im höchsten Grade lustig! Und hier treffe ich Sie! In der Wildnis, während ich überzeugt war, daß Sie den sehr zahmen Weg per Diligence von Buenos Ayres aus einschlagen würden? Das ist noch spaßhafter!«
»Wie es scheint, kommt Ihnen jetzt alles sehr spaßhaft vor, während Sie sich droben in Mexiko stets in sehr ernster Stimmung befanden!«
»Da hatte ich alle Veranlassung, ernst zu sein, Sennor!«
(Zitatende)

In der Bearbeitung ist an der betreffenden Stelle eine kurze, hilfreiche Erklärung eingefügt, im Stil Mays, Irritationen vermeiden helfend:

„Jetzt ging mir ein Licht auf. Ich war diesem Mann vor einiger Zeit in Mexiko begegnet. Wir hatten uns einander angeschlossen, hatten Freud und Leid miteinander geteilt und mancherlei Abenteuer gemeinsam bestanden. Nun lief er mir hier so unvermutet in den Weg.“

Wenn die Bearbeitungen immer so zweckdienlich und sinnvoll wären und auch umfassend präzise dokumentiert würden (wie das ja nun mittlerweile zumindest teilweise geschieht), hätte ich kaum Einwände.

(Es wäre freilich schön, würde man innerhalb des Bandes, z.B. in einer Fußnote, auf den Fremdtext aufmerksam gemacht).

Nur ist diese Bearbeiterei bekanntlich eine sehr zweischneidige Angelegenheit, und so treffen wir auch im vorliegenden Band wieder auf jede Menge ärgerlicher Streichungen und Textänderungen:

„Die Sprache des Grases ist eine sichtbare und keine hörbare“, solche wunderschönen Sätze wie dieser aus der Originalfassung, vermutlich aus einem Gespräch mit Gattin Emma inspiriert (Das Gras wächst, unstrittig. Eine Frage der Wahrnehmungsfähigkeit.), fehlen leider.

Auch die interessante Bemerkung des Sendadors, „dass er unsere Frauen mit den Indianern verheiraten und die schönsten unserer Töchter für sich selbst behalten werde, während uns hier die Krokodile auffressen würden,“ bekommt der Leser des Grünen Bandes vorenthalten.

Im Original steht an einer Stelle

„Aber ich riet von jeder Ueberstürzung ab. Eine Viertelstunde ruhiger Ueberlegung bringt später Stunden und wohl gar Tage ein, wie ich oft erfahren hatte.“,

in der Bearbeitung lediglich

„Ich aber riet aufgrund vieler Erfahrungen von jeder Überstürzung ab“,

was eine Verkürzung ist, die die allgemeingültige, sozusagen lebensweisheitliche und keineswegs auf die Abenteuerhandlung beschränkte Aussage völlig unter den Tisch fallen lässt.

»Dios!« rief er erschrocken aus. »Sie haben ihn erschlagen!« heißt es an einer Stelle, und der Ich-Erzähler antwortet im Original:

»Immerhin! Ich habe ihn gewarnt. Wir befinden uns im Gran Chaco, aber nicht in einem Damenboudoir. Uebrigens pflegt solches Ungeziefer zähes Leben zu besitzen. Ist die Hirnschale entzwei?«
»Nein.«
»Nun, so wird er wohl noch leben.«

Daraus wird im grünen Band

"Nein, er ist nur betäubt. Solche Leute besitzen ein zähes Leben."

Und noch ein Beispiel besonders krasser Banalisierung und Textverhunzung:

„Es gibt kein Wort, welches die Töne zu bezeichnen vermag, die dieser Mann ausstieß, indem er von uns fort und in das Innere des Felsens hineinrannte. Man denke sich sämtliche Instrumente einer Militärkapelle verstimmt und dann unisono angeblasen, so hat man, nicht etwa den Ton, o nein, aber doch eine kleine Ahnung des Tones, welchen der Entsetzte aus seinen Stimmwerkzeugen preßte.“ (Original)

Bearbeitung: „Es war ein wildes Gebrüll.“

Dies sind nur ein paar stichprobenartig herausgegriffene Beispiele, die sich noch beträchtlich vervollständigen ließen. Insgesamt herrscht eine Tendenz zu Banalisierung und Glättung vor.

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Auflagen: 1473 (aktuell), 1470
Auflagen: 1473 (aktuell), 1470, 1467, 1462, 1450, 1437, 1410, 1400, 1392, 1387, 1258, 1228, 1208, 1145, 1115, 1065, 980, 945, 850, 478
Auflagen: 478, 418